Venezuela befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise, durch die ein Großteil der Bevölkerung an Hungersnot leidet. Um dem Verhungern zu entgehen, farmen einige Bewohner gezielt Gold in Oldschool-Runescape. Andere Spieler betrachten das als Problem und wünschen den Goldfarmern den Tod.
Mit einer Inflation von über 700 Prozent leidet Venezuela gerade an der schlimmsten wirtschaftlichen Krise, die es je gesehen hat. Venezuela ist das Land mit den größten Ölreserven der Welt und konnte durch die Ölproduktion einst das reichste Gebiet in Lateinamerika werden.
Venezuelas Wirtschaft ging allerdings den Bach herunter, als der Ölpreis auf dem Weltmarkt einbrach. Denn fast 96 Prozent der Staatseinnahmen des Landes kommen aus der Erdölproduktion. Jetzt herrschen in Venezuela Hungersnot und Wirtschaftskrise. Knapp 75 Prozent der Bevölkerung verlor im letzten Jahr durchschnittlich 8,7 Kilo Körpergewicht.
Ein MMORPG, das bereits 16 Jahre <span class="glossaryLink " title="Glossar: Alt" data-cmtooltip="
„>alt ist, hilft einigen Bewohnern des Krisengebietes, dem Hunger zu entgehen. Mit der wirtschaftlichen Krise stieg in Venezuela die Kriminalitätsrate, worunter vermehrte Raub-Überfälle und Morde fallen. Für das Gold-Farmen müssen die Spieler ihr Haus nicht verlassen und können so in einer sicheren Umgebung an Geld kommen.
Gold-Farmen in Oldschool-Runescape bringt Familien Essen auf den Tisch
2001 brachte das britische Studio Jagex den Fantasy-Klassiker Runescape als Browser-Game heraus. Dieses alte und verpixelte Game wird noch heute unter dem Namen Oldschool-Runescape weltweit gespielt.
Man braucht keinen modernen PC, um Oldschool-Runescape flüssig zu spielen. Zusätzlich ist das Grundspiel kostenlos. Es finanziert sich durch Mikro-Transaktionen und bezahlte Mitgliedschaften. Dadurch ist Oldschool-Runescape für die verarmten Bewohner aus Venezuela zugänglich, auch mit extrem knappen Geldbeutel.
Wie die US-Seite Kotaku in einem Report berichtet: Einige dieser Spieler sind zu “beruflichen” Goldfarmern in Oldschool-Runescape geworden.
Als Gold-Farmer bezeichnet man Spieler, die gezielt große Mengen Spielwährung oder Gegenstände erwirtschaften – anschließend wird die Spielwährung an andere Spieler, für einen günstigen Preis, gegen reales Geld verkauft.
Gold-Farmen in Runescape ist offiziell verboten und schadet der Spiel-Wirtschaft
Die Goldfarmer bringen Oldschool-Runescape und Studio Jagex in eine verzwickte Lage. Denn offiziell ist das gezielte Farmen von Gold verboten. Das Farmen der Spielwährung an sich, stellt kein Problem dar und ist erlaubt. Problematisch ist der Verkauf gegen echtes Geld. Das schadet der Wirtschaft im Spiel.
Durch den günstigen Verkauf der Spielwährung oder Items können sich die Käufer schneller Gegenstände in Oldschool-Runescape leisten und die Balance des Spiels durcheinander bringen.
Laut Jagex sei es schwierig, die genaue Auswirkung der venezolanischen Goldfarmer festzulegen. Man merke seit der Krise in Südamerika aber Veränderungen im Preis von Items, auf die sich die Farmer konzentrieren.
In Oldschool-Runescape gibt es den Gegenstand “Wein des Zamorak”, durch den Spieler schneller Erfahrungspunkte sammeln können.
Der durchschnittliche Preis sei im letzten Jahr von fast 3.000 Gold auf 1.500 Gold gesunken. Der Wein des Zamorak ist auf einmal viel zugänglicher, wodurch das Spiel erheblich einfacher wird. Das ist ein Problem für Jagex: Denn Oldschool-Runescape soll ruhig herausfordernd sein. Die Gold-Farmer stören die Balance.
Spieler veranstalten eine Hexenjagd auf die Goldfarmer aus Venezuela – Wünschen ihnen den Tod
Genau dieser Konflikt führt derzeit zu einer morbiden und bizarren Situation. In öffentlichen Runescape-Foren wie auf Reddit, rufen einige Spieler dazu auf, die Goldfarmer aus Venezuela zu verfolgen und ihnen das Farmen zu verhunzen.
Denn mehr und mehr Venezolaner entdecken das Gold-Farmen für sich, was bei anderen Spielern zu Frust führt. Runescape-Spieler berichten immer häufiger, wie sie dutzende Farmer dabei beobachten, wichtige Schlüssel-Gebiete wie die “Blast Mine” zu verstopfen – ein Mini-Game, das sich gut zum Farmen eignet.
Dadurch entsteht eine Anspannung bei den Spielern, sie fühlen sich durch die Goldfarmer genervt. Sie verlangen von Studio Jagex, die Goldfarmer zu verbannen und ihre Accounts zu sperren.
Es bleibt aber nicht nur bei diesen verbalen Aufforderungen. Es wurde bereits eine Anleitung veröffentlicht, wie man die venezolanischen Goldfarmer am effektivsten aufspürt, tötet und beleidigt. Diese Anleitung fand mit 1615 Upvotes hohen Anklang in dem relativ kleinen Runescape-Subreddit.
Die Reaktionen auf diese Anleitung teilten sich vor allem in drei Lager:
- Mitleid mit den Goldfarmern aus Venezuela: Dieser Teil der Community kann nicht nachvollziehen, wie jemand auf die Idee kommen kann, so eine Anleitung zu schreiben und veröffentlichen. Man verstehe nicht, wie man die Goldfarmer töten und sogar in ihrer eigenen Sprache beleidigen kann, während sie im Angesicht des Hungertods stehen. Das wäre “Arschloch-Verhalten”.
- Die Goldfarmer verdienen die Hexenjagd: Andere waren der Meinung, dass die Goldfarmer die Regeln des Spiels brechen und darum ihr Schicksal verdienen. Das würde die Wirtschaft im Spiel zerstören. Man verstehe, dass die Situation in Venezuela gerade beschissen wäre, aber es gäbe doch bessere Alternativen als Gold in einem Spiel zu farmen. Dinge, wie etwas neues lernen, um dem Land irgendwie zu helfen. Viel Sympathie für die Goldfarmer gab es nicht von dieser Fraktion.
- Spieler, die der Anleitung folgten: Dann gab es noch Spieler, die davon berichteten, dass sie der Anleitung folgten. Sie hatten Freude daran, die Goldfarmer wiederholt zu töten und sie in Spanisch zu beleidigen. Sie hätten das für ein paar Stunden durchgezogen – <span class="glossaryLink " title="Glossar: Loot" data-cmtooltip="
LootDie Beute. Gegenstände, die von Mobs nach ihrem Tod in den Besitz der Spieler übergehen. Als „lootgeil“ bezeichnet man Mitspieler, die diesen Gegenständen so viel Bedeutung beimessen, dass es den Zusammenhalt der Gruppe stört.
„>Loot umsonst und Spaß.
“Hat man keine Perspektive, interessiert einen die Meinung anderer nicht mehr”
Das englische Online-Magazin Kotaku kontaktierte einige der venezolanischen Runescape-Goldfarmer und bat um einen Einblick in ihre Situation.
Die meisten Spieler seien sich bewusst, dass sie sich mit dem Goldfarmen einen heiklen Job zugelegt haben. Sie würden allerdings nie mit Bots arbeiten oder mit großen Konzernen, die sich auf das Goldfarmen spezialisiert haben.
Sie farmen in Runescape manuell und stecken Arbeit wie am Fließband darein. Sie machen Jagex auch keinen Vorwurf daraus, wenn sie für ihre “Arbeit” als Goldfarmer gebannt werden. Sie wissen, dass das Studio im Interesse seines Spiels handeln müsse.
Der Spieler Yassar war venezolanischer Goldfarmer, lebt aber mittlerweile in den Vereinigten Staaten. Seine Reaktion auf die Hexenjagd der Community:
“Ich hätte erwartet, dass andere mehr Verständnis zeigen würden und realisieren, dass Games ein Leben verändern können. Das alles macht mich einfach so wütend. Nicht diese normale Wut, die man bei einer politischen Debatte empfindet, sondern eine ganz persönliche Wut.
Vor allem, weil meine Familie immer noch in Venezuela lebt und ich weiß, wie sich verhungern anfühlt. Die Leute zu sehen, die das Glück hatten auf dem richtigen Boden geboren zu sein und die Venezolaner entmenschlichten, man, das hat mich zerstört.”
Auch der Goldfarmer Fhynal gab ein Statement über seine Situation:
“Ich weiß, ich tue den Menschen (bei Jagex) unrecht, die hart für Ihr Spiel arbeiten. Wenn du aber nicht weißt, was die Zukunft für dich bereit hält und du um dein Leben fürchten musst und um das Leben derer die du liebst, dann hörst du einfach auf, dich für die Meinung anderer zu interessieren.”
The post In Venezuela farmen manche MMORPG-Gold, um nicht zu verhungern appeared first on Mein-MMO.de.
Source: Destiny 2 PC